Weg von Filitiergesellschaft hin zu mehr Experimentierfreude

VRONI HAFNER

Ein niederbayerisches Wirtshaus, in dem die Liste der vegetarischen und veganen Gerichte doppelt so lang ist wie die mit Fleisch – ja, gibt’s denn so was? In Perlesreut, im Landkreis Freyung-Grafenau, schon, denn dort steht Veronika Hafner (Jahrgang 1991) in der Küche. Sie hat zusammen mit ihrem ein Jahr älteren Bruder Samuel, einem gelernten Winzer und studierten Önologen, das Wirtshaus der Eltern übernommen, nachdem ihr Vater 2015 überraschend verstorben war. Schon Martin Hafner, der in den 90ern die ehemalige Schreinerei zu einem Wirtshaus umfunktionierte, war für seine regionalen und saisonalen Kreationen bekannt. Tochter Vroni, die die „harte Schule“ der Kochausbildung bei vollbesetzten Biergärten durchlaufen hat und sich danach in Wien der kreativen Küche zuwendete, tritt nicht nur in seine Fußstapfen. Es gelingt ihr sogar, ganz eigene kulinarische Akzente zu setzen – und das dank der „unendlichen Vielfalt der niederbayerischen Zutaten“.

 

Im Sommer ist das leicht, doch was ist mit dem Winter? Da gibt’s weniger Salat, keine Tomaten oder Gurken. Stattdessen leckere Experimente mit Wintergemüse. „Was hätten d’Leut denn früher g’macht? Man kommt wieder auf Altes zurück“, ist Vroni überzeugt und konserviert saisonales Gemüse in Gläsern: eingelegte rote Beete, Spargel oder Bohnen, fermentiertes Kraut und vieles mehr. Viele ihrer Stammgäste sind Vegetarier und Veganer, aber genauso experimentierfreudige „Fleischesser“, die Wert auf Qualität und Regionalität legen. Kaum ein Wirtshaus im Umkreis setzt einen solchen Schwerpunkt. „Doch für mich gibt es keine Alternative. Wenn man die Probleme bei Massentierhaltung und Klimaschutz sieht, muss man seinen Beitrag leisten.“

Die Gäste aber mit erhobenem Zeigefinger zu belehren, mache keinen Sinn. „Ich muss als Köchin den Menschen diese Umstellung schmackhaft machen.“ Dafür bekommt sie sehr gute Resonanz. Die Speisekarte ist übersichtlich, zehn Gerichte werden angeboten. „Und ist mal was aus – naja, das passiert, wenn man mit frischen Produkten arbeitet.“

 

Ihre Zulieferer findet Vroni in wenigen Kilometern Umkreis. Mit ihren beiden Metzgern etwa hat sie einen Deal und nimmt auch die Produkte ab, für die sich grad wenig Privatkunden interessierten. „Irgendwas Geiles fällt mir dann schon ein“, sagt die Köchin, die nur selten Rezepte verwendet. Im Moment interessiert sie sich für Innenereien – auch wenn das klassische Lüngerl „kulinarisch als wenig sexy gilt“, lacht sie. „Man sollte alles von einem Tier verwenden, wenn es schon geschlachtet wird. Wir sind im Moment eine Lenden- und Filetgesellschaft. Doch die Sau hat nicht nur an Bugl“, sagt Vroni im klingenden Dialekt (wobei „Bugl“ den „Rücken“ meint).

 

Lange Arbeitstage, ständig im Dienst – ist das nicht zu heftig für eine junge Frau? „Mei, ich wär schon noch gern etwas länger in der Welt herumgekommen. Aber es war auch klar, dass ich das hier mal übernehme – und unsere Mama hätte es alleine nicht länger geschafft“, wird Vroni kurz nachdenklich. „Am schönsten war es für mich, dass Samu mit nach Hause kam – und wir sind ein tolles Team. Er macht den Service, bietet eine hervorragende Weinbegleitung, ich manage die Küche – wir sind zwei Sturschädel und streiten hin und wieder, aber jeder entscheidet für seinen Bereich.“ Und die Jungen gehen ihren eigenen Weg: Vor wenigen Jahren wurde ein zweiter Ruhetag eingeführt.

„Arbeit ist nicht alles, ich brauche etwas Freiheit, um kreativ zu bleiben. Dienstag und Mittwoch bleibt geschlossen, ich kann Freunde treffen oder mich in die Hängematte legen und einfach nur in die Luft schauen. Wenn der Donnerstag kommt, freu ich mich wieder narrisch aufs Kochen und auf die Gäste.“

Doch es ist auch umgekehrt so: Wer mit Leidenschaft seinen Beruf ausübt, für den ist nicht alles Arbeit. „Freilich, man darf nicht jeden Handgriff rechnen. Im Garten zum Beispiel – diese Arbeit mache ich, weil es mich erfüllt. Weil ich allem, was wächst, eine andere Wertschätzung entgegenbringe.“

Das Schöne an dem Beruf ist für Vroni, dass „man nie auslernt“. Und so empfinde sie die meiste Zeit ihre Arbeit nicht als Arbeit. „Es ist ein Privileg, das machen zu können, was man liebt. Auch wenn es ab und an stressig und schwierig ist.“ 

 

Und dass sie selbst am Wochenende nicht so viel Party machen können wie Gleichaltrige, das gleichen Vroni und Samu anders aus: „Unsere Spezln kommen oft zu uns – immerhin haben wir ja ein Wirtshaus!“ 

KONTAKT

WIRTSHAUS HAFNER| Marktplatz 17| 94157 Perlesreut

Tel. 0855569 

www.hafner-wirtshaus.de

 

Gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit Unterstützung durch das Amt für Ländliche Entwicklung und den Bezirk Niederbayern.

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