DIE DIPLOM-ÖKOTROPHOLOGIN SETZT SEIT JAHRZEHNTEN AKZENTE IM BEREICH VORRATSHALTUNG, REGIONALITÄT UND ERNÄHRUNG
NAME: Hildegard Rust
GEBURTSJAHR: 1947
HERKUNFT: Bei Furth im Wald
WOHNORT: Schweiz oder bei der Familie in Straubing
GELERNTER BERUF: Diplom-Ökotrophologin
MEINE BERUFUNG: Die Themen richtige Vorratshaltung, Lebensmittelverschwendung und Regionalität
…ÜBE ICH AUS SEIT: Ausbildung und Studium der Hauswirtschaft und Ernährungswissenschaften
MEINE LEIBSPEISE: Bis heute ein gutes Butterbrot mit Radi, am liebsten ein Sauerteig Brot
Die 6. aktualisierte und erweiterte Ausgabe des Buches „Praktische Vorratshaltung zu Hause“ von Hildegard Rust ist 2022 im Knürr-Verlag erschienen und auch dort sowie bei verschiedenen Buchhandlungen bestellbar.
Fragt man Hildegard Rust, die Generationen von Landfrauen in der Bayerischen Landwirtschaftsverwaltung in Schule und Verbraucherberatung ausgebildet und Klienten aus Stadt und Land in Verbraucherfragen beraten hat, wie sie zur Haushalts- und Ernährungswissenschaft kam, erhält man eine ganz nüchterne Antwort von ihr. „Das ist früher ganz einfach gegangen“, sagt die aus dem Bayerischen Wald stammende Diplom-Ökotrophologin.
Als zehntes von elf Kindern auf einem Hof mit einer Mühle und Sägewerk in der Nähe von Furth im Wald aufgewachsen, denkt sie gerne zurück an ihre unbeschwerte Kindheit am Land – und an die Küche mit den großen Tischen, in der immer viele Leute zusammengekommen seien, um gemeinsam zu essen. „Einmal ist auch die Landwirtschaftslehrerin von Kötzting bei uns gewesen und hat einen Kurs übers Marmeladenmachen gehalten. Damals wusste ich nicht, was ich werden wollte – aber sie meinte gleich: ‚du wirst einmal Landwirtschaftslehrerin!‘“
Mit den Schwiegereltern unter einem Dach
Für die Ausbildung muss Hildegard Rust, damals kaum mit der Realschule fertig, weg von daheim, von der Familie, in ein Internat bei Miesbach. „Ich hatte am Anfang schon recht Heimweh“, erinnert sie sich an die erste Zeit ihrer Ausbildung. Doch mit der Zeit findet sie Gefallen an ihrer Ausbildung und studiert schließlich nach dem Fachabitur an der TU München-Weihenstephan Haushalts- und Ernährungswissenschaften, bevor sie mit der Staatsprüfung für den höheren landwirtschaftlich-hauswirtschaftlichen Fachschul- und Beratungsdienst abschließt.
Während der praktischen Ausbildung verschlägt es Hildegard Rust zunächst auf einen Lehrbetrieb nach Innerhienthal bei Straubing. „In der Zeit habe ich auch meinen Mann kennen gelernt – auf dem Gäubodenfest in Straubing“, sagt sie. Von da an nimmt ihr Leben wieder eine neue Wendung: Sie zieht zu ihrem Mann nach Burgstall bei Aiterhofen. Dort leben sie fortan gemeinsam mit den Schwiegereltern und ihren drei Söhnen auf dem bäuerlichen Familienbetrieb, den ihr Mann vom Großvater übernommen hat und die zuvor verpachteten Felder wieder selbst bewirtschaftet.
„Damals war es schon auch ganz schön hart“, erinnert sich Hildegard Rust zurück an das Leben im Mehrgenerationenhaushalt. Dazu kam auch noch ihre jahrelange Halbtagsbeschäftigung an der Landwirtschaftsschule, Abteilung Hauswirtschaft, am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Aelf) in Straubing. Letzteres sei rückblickend ein „Glücksfall“ gewesen, sagt sie. „Ohne dieses zweite Standbein wäre es finanziell nicht gegangen.“
1996 ereilt die Familie dann ein schwerer Schicksalsschlag: Hildegard Rusts Mann stirbt mit nur 47 Jahren und seine Frau muss nun auch noch die Arbeit am Ackerbaubetrieb übernehmen. Heute könne sie gar nicht mehr sagen, wie sie das alles geschafft habe. „Ohne unsere Nachbarn wär das damals nicht gegangen“, sagt sie, dankbar über die Unterstützung zweier Landwirte, die sich der Felder in der Zeit angenommen hatten, bis einer ihrer Söhne zusammen mit seiner Frau schließlich im Jahr 2006 den Hof nach dem Studium selbst übernehmen konnte.
Regionalität stärken
Während ihrer Zeit in Straubing setzt sich Hildegard Rust auch dafür ein, Stadt und Land stärker zu vernetzen und den regionalen Einkauf zu fördern. So entstand Mitte der 90er Jahre die Idee für den Schrannenmarkt am Straubinger Stadtplatz, der in den Anfangsjahren vor allem auch als Informationsveranstaltung gedacht war. Direktvermarkter aus dem Landkreis Straubing-Bogen konnten dort nicht nur ihre Waren präsentieren, sondern auch vor Ort mit verschiedenen Vorführungen einen Einblick in ihre tägliche Arbeit bieten. „Die Leute haben ja oft gar nicht gewusst, was tatsächlich Landwirt ausmacht und wie man das wird“, erklärt Rust. Deswegen war es ihr wichtig, dass auf der Schranne nicht nur verkauft, sondern auch informiert wird.
Dass die Schranne sich bis heute hält, hätte die Ernährungsexpertin zu Beginn nicht gedacht, wie sie offen zugibt. „Beim ersten Schrannenmarkt hat es so geregnet, das weiß ich noch. Da dachten wir, das wird gar nichts. Aber mittlerweile gibt es ihn nun schon über 20 Jahre lang.“ Was sich rückblickend so leicht anhört, war oft jedoch ein harter Kampf, denn nicht jeder war von Hildegard Rusts Ansinnen, einen Schrannenmarkt mitten in Straubing am Stadtplatz zu installieren oder beispielsweise auch den grünen Bauernmarkt dort um Fleisch- und Milchprodukte zu erweitern, immer gleich angetan.
Doch wer etwas voranbringen möchte, der müsse auch mal hartnäckig bleiben und Widerstände überwinden und für seine Überzeugung eintreten. Und genau das tat Hildegard Rust während ihrer Berufslaufbahn immer gerne und meist auch erfolgreich sowohl am Aelf in Straubing als auch später ab dem Jahr 2000 zehn Jahre lang als Leiterin des Referats Ernährung, im Wechsel angesiedelt im Bayerischen Gesundheits- Verbraucherschutz- und Umweltministerium und im Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in München. Dort prägte sie unter anderem das Konzept „Ernährung in Bayern“ maßgeblich mit.
Vorratshaltung, aber richtig
„Nur mit guten Lebensmitteln lässt sich etwas Gutes und Gesundes kochen“, davon ist Hildegard Rust, die für ihre Familie früher immer gern das eigene Gemüse und Obst eingemacht hat, bis heute überzeugt. Damit einher geht für sie aber auch ein weiteres, ihr ungemein wichtiges Thema: Die richtige Vorratshaltung und Lagerung der hochwertigen regionalen Erzeugnissen – die Basis für nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln. „Für mich sind für das Haltbarmachen vorab vor allem zwei Überlegungen essenziell wichtig: Erstens, ich muss wissen, aus welchen Gründen Lebensmittel verderben und mit welcher Methode ich dem am besten gegensteuern kann. Das zweite ist, dass ich die Mengen wissen muss, die ich wirklich brauche und bis zum Ablauf ihrer Haltbarkeit wegbringe. Sonst stehen jahrelang Gläser herum, die irgendwann nicht mehr gut sind.“
Zu diesem Thema hat Hildegard Rust bereits in den 80er Jahren ein umfangreiches Standardwerk geschrieben, das sie nach ihrem Ruhestand in den 2000ern noch einmal in überarbeiteter Fassung veröffentlichen ließ. Bis heute ist ihr Buch „Vorrat halten“ das perfekte Nachschlagewerk für alle Themen vom Einkauf über die Reduzierung des Lebensmittelverderbs bis hin zur richtigen schonenden Konservierung.
Für Hildegard Rust selbst sind die turbulenten Arbeitsjahre vorbei. Sie hat sich nach ihrem Ruhestand in einem kleinen Dorf in der Schweiz fernab des Trubels der heutigen Welt eine Ruheoase geschaffen, in der sie sich zur Erholung zurückziehen kann. Doch auch mit über 70 Jahren ist sie noch viel in der Welt unterwegs oder besucht ihre Kinder und Enkel in Straubing. Und natürlich darf auch der jährliche Besuch auf der Schranne nicht fehlen. Was sie sich von der Zukunft erhofft? „Dass ich mir meine Neugierde, die mich immer angetrieben hat, noch lange erhalten kann.“
Bild: Sepp Eder
ICH VERBINDE GENUSS MIT…
mit einem guten Brot aus Sauerteig, das gehört für mich immer dazu.
MEINER BERUFUNG GEHEN SIE NACH, WEIL…
mir der ressourcenschonende Umgang mit regionalen Lebensmitteln am Herzen liegt und ich darüber aufklären möchte, wie man durch richtige Vorratshaltung der Lebensmittelverschwendung entgegenwirken und so etwas für den Klimaschutz tun kann.
WENN ICH IN DIE ZUKUNFT BLICKE, DANN…
hoffe ich, dass ich noch lange neugierig bleibe.
MEIN PERSÖNLICHER TIPP FÜR EINEN NACHHALTIGEN LEBENSMITTELKONSUM LAUTET:
Gut überlegen, welche Lebensmittel ich in welchen Mengen brauche und wie ich sie so aufbewahren beziehungsweise haltbar machen kann, dass sie nicht verderben – und natürlich, dass sie gegessen werden, bevor sie nicht mehr gut sind.
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