Aus 2000 Quadratmetern das Beste machen

DER WELTACKER LANDSHUT VERDEUTLICHT DAS VERHÄLTNIS VON FLÄCHENVERBRAUCH UND KONSUM

NAME DER INITIATIVE/ORGANISATION: Weltacker Landshut e.V.

 

ENTSTEHUNGSGESCHICHTE:

Im Jahr 2020 von Initiator Klaus Karg und Kathy Mühlebach-Sturm mit elf Gründungsmitgliedern gegründet, hat sich der Weltacker seitdem stetig weiterentwickelt und zusätzliche Mitglieder gewonnen.

 

STANDORT:

Die 2000 Quadratmeter große Ackerfläche liegt in Landshut in der Unteren Auenstraße, zwischen dem Biomasseheizkraftwerk und der Hochschule.

 

MITGLIEDER:

Aktuell hat der Weltacker gut 50 Mitglieder (Stand Anfang 2025).

 

AUFBAU UND STRUKTUR: Der Weltacker ist als eingetragener gemeinnütziger Verein organisiert. Von den Mitgliedern bringen sich viele ehrenamtlich in die Arbeiten auf dem Acker ein. Ferner gibt es auch Nichtmitglieder, die ab und an mit anpacken. Darüber hinaus ist es dem Verein ein Anliegen, im Rahmen von Bildungsprojekten auch Honorarkräfte miteinzubinden. Nach und nach soll der Verein professionalisiert werden und neben den ehrenamtlichen Kräften auch einige Stellen in Teilzeit bekommen.

 

WAS WIR HERSTELLEN: Auf dem Weltacker wird maßstabsgetreu abgebildet, wie viel Fläche dem Einzelnen anhand von Gesamtbevölkerungszahl und der auf der Erde verfügbaren Ackerfläche zustehen würde. Das sind rund 2000 Quadratmeter pro Person und Jahr, auf denen alles wachsen muss, was man so braucht. Auf dem Weltacker ist maßstabsgetreu angepflanzt, wie viel Hektar Fläche der Erde mit welchen Pflanzen bestellt werden.

 

NETZWERKARBEIT: Der Weltacker e.V. arbeitet im Rahmen seiner Bildungsprojekte mit Schulen, anderen Vereinen, Privatpersonen und vielen weiteren Partnern zusammen. Auch mit dem Regionalkollektiv Landshut werden immer wieder gemeinsame Projekte initiiert.

 

WIR LEGEN BESONDERS WERT AUF: die Verbreitung der Weltackerbotschaft, dass wir mit bewusstem Konsumverhalten durchaus zu mehr Ernährungsgerechtigkeit, Klimaschutz und Artenvielfalt beitragen können.

 

KÜCHENTIPP: kreative Resteverwertung, Mut zu Rezeptvariationen, den vielfältigen Genuss der Hülsenfrüchte entdecken

Es ist genug für alle da, nur an der Verteilung mangelt es. Eine Weisheit, die in puncto Ernährungsgerechtigkeit gerne zitiert wird. Alles, was auf den Teller kommt, sowie Rohstoffe für Textilien, Genussmittel oder auch Energieerzeugung, muss angebaut und geerntet werden. Die Fläche dafür ist begrenzt und wird in Zukunft noch kleiner werden. Gerade in reicheren Ländern jedoch fällt der Verbrauch tendenziell höher aus. Eine Veranschaulichung davon bietet seit 2020 in Landshut ein niederbayernweit einzigartiges Projekt: ein Weltacker, betrieben durch den gleichnamigen Verein.

 

Im Sommer sind die 2000 Quadratmeter Ackerfläche in der Unteren Auenstraße nahe der Landshuter Hochschule ein buntes Kleinod. Die Mohnblumen leuchten dem Besucher entgegen, eine Vielzahl unterschiedlicher Pflanzen gedeiht rings um den leuchtend gelben Bauwagen, der Gartengeräte und Schilder beherbergt. In der kalten Jahreszeit hingegen mutet der Weltacker geheimnisvoll an, wenn bisweilen Raureif auf den abgeernteten Parzellen glitzert. Das Engagement für den Weltacker Landshut e.V., der als gemeinnütziger Verein organisiert ist, ruht jedoch nicht. Die Vorsitzende Brigitte Kellerer-Mikschl ist seit 2022 engagiert mit dabei: „Mich begeistert ungemein, wie es gelingt, den Einfluss unseres Ernährungs- und Konsumverhaltens maßstabsgetreu auf dieser Fläche zu veranschaulichen.“

 

Was jedem Menschen zur Verfügung steht

Die Idee des Weltackers besteht in der Abbildung der Ackerfläche, die jedem einzelnen Menschen angesichts der Gesamtbevölkerungszahl und der weltweiten Ackerflächen rechnerisch zur Verfügung steht. Während zu den aktuell rund acht Milliarden Menschen auf der Erde täglich neue hinzukommen, bleibt die Erdfläche gleich und damit auch die Fläche, die man landwirtschaftlich nutzen kann: rund 1,6 Milliarden Hektar Ackerland und 3,2 Milliarden Hektar Wiesen und Weiden. Damit kommen pro Person etwa 2000 Quadratmeter Ackerland und 4000 Quadratmeter Weidefläche pro Jahr heraus.

 

Auf der Ackerfläche muss alles wachsen, was man braucht. Weizen, Reis, Kartoffeln, Gemüse, Obst, Speiseöl, Zucker, Tierfutter, das nicht von Weiden kommt, aber auch Rohstoffe für Kleidung wie Baumwolle oder für die Energiegewinnung und Genussmittel.

 

Der Landshuter Weltacker zeigt maßstabsgetreu, wie viele Hektar Ackerfläche der Erde mit welchen Pflanzen bestellt werden. Auf knapp der Hälfte des Weltackers wachsen lediglich vier Pflanzenarten: Weizen, Mais, Reis (in Landshut ersatzweise Hafer) und Sojabohnen. Obst und Gemüse wachsen auf weniger als jeweils fünf Prozent des Weltackers. Auch Tabakpflanzen oder Faserlein (statt Baumwolle) wird angebaut. Wie viel Fläche für die Herstellung eines T-Shirts benötigt wird, kann man bei den Bildungsveranstaltungen des Weltackers erfahren. „Oft gehen Menschen davon aus, dass ihr eigenes Wirken viel zu gering ist, um ins Gewicht zu fallen. Der Weltacker ist so eine tolle Sache, weil er verdeutlicht, dass jeder Einzelne in seinem Umfeld sehr wohl etwas dafür tun kann, wie die Ackerfläche genutzt wird“, sagt Brigitte Kellerer-Mikschl.

 

Wie viel Fläche braucht ein einzelnes Gericht?

In den reicheren Ländern der Erde kommen viele Menschen nicht mit den ihnen zur Verfügung stehenden 2000 Quadratmetern aus. „Wie ich bei meinem Ess- und Konsumverhalten entscheide, trägt dazu bei, ob anderswo Menschen genauso viel oder viel weniger als ich haben.“ Ein Beispiel ist der Fleischverzehr. 2000 Quadratmeter Ackerfläche liefern gerade genug Futter, um zwei Schweine bis zu einem Schlachtgewicht von 115 Kilogramm zu mästen. Bedenkt man, dass der jährliche Schweinefleischverbrauch von sechs EU-Bürgern bei jeweils 40 Kilogramm liegt, wird klar, warum viele in der EU nicht mit den 2000 Quadratmetern auskommen können.

 

Brigitte Kellerer-Mikschl zeigt einige Tafeln, die als Anschauungsmaterial dienen. Zum Beispiel kann man da lesen, wie viel Ackerfläche für einen Teller Spaghetti Bolognese mit Salatbeilage nötig ist: Ausgehend von 50 Gramm Zwiebeln, 125 Gramm passierten Tomaten, 125 Gramm Spaghetti, 20 Milliliter Sonnenblumenöl, 125 Gramm Rinderhackfleisch und 100 Gramm Kopfsalat macht das einen Tagesanteil an Ackerfläche von 45 Prozent. Ersetzt man hingegen das Rinderhackfleisch durch Linsen, sinkt der Tagesanteil an Ackerfläche auf 36 Prozent.

 

Dieses Angebot findet sich auch online: „Mit einem Flächenrechner kann man sich einen Überblick über die Flächenbilanz verschiedener Gerichte verschaffen“, erklärt Brigitte Kellerer-Mikschl. „Da kann man beispielsweise sehen, wie viel Fläche es benötigt, eine Pizza mit Salami zu bekommen. Oder wie sich der Flächenbedarf verändert, wenn man Paprika statt der Salami auf die Pizza legt. Besonders Kinder und Jugendliche kann man mit diesem Tool begeistern.“

 

Anbauen, pflegen und ernten auf einem Weltacker

Ein wichtiges Ziel des Bildungsprojekts Weltacker ist, mit der Bildungsarbeit alle Generationen zu erreichen. „Fördermittel für Bildungsprojekte ermöglichen, auch Honorar- und Teilzeitkräfte zu bezahlen, neben unseren Freiwilligen, die großartige Arbeit machen“, erklärt die Vorsitzende. „Nach und nach möchten wir so unseren Weltacker professionalisieren und auch hauptamtliche Stellen schaffen, um den langfristigen Fortbestand zu sichern.“

 

Eines der aktuellen Bildungsprojekte, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird, ist „MINT Auf dem Acker und in der Küche“. Monatlich kommen zehn- bis 14-jährige Schüler auf den Weltacker zum Gärtnern, Kochen und Experimentieren. Der Weltacker ist dabei einer von mehreren MINT-Partnern, die das regionale MINT-Cluster Zukunftswerker bilden. Ein weiteres Projekt ist das vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz geförderte und von der Bund-Naturschutz-Kreisgruppe Landshut unterstützte Angebot „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“. Der Weltacker bietet dabei themenbezogene und interaktive Führungen für Gruppen. Mit Spenden der Deutschen Postcode-Lotterie konnte die Infrastruktur am Acker verbessert werden. Unterstützen kann man den Verein durch eine Mitgliedschaft aber auch unabhängig davon durch eine Ackerpatenschaft für eine bestimmte Quadratmeteranzahl.

 

Aktuell gehören dem Weltacker Landshut e.V. um die 50 Mitglieder an. 2020 wurde der Verein auf Initiative von Klaus Karg und Kathy Mühlebach-Sturm mit elf Gründungsmitgliedern aus der Taufe gehoben. Die Weltacker-Idee stammt von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft. Bis heute sind die Landshuter die Einzigen in Niederbayern, bei Gründung waren sie sogar der erste Weltacker in Bayern. Mittlerweile gibt es in Nürnberg noch einen weiteren. Die benötigten 2000 Quadratmeter Ackerfläche für das Bildungsprojekt stellte der Bezirk Niederbayern auf einer Fläche nahe der Landshuter Hochschule zur Verfügung. Die Bewirtschaftung übernehmen die Mitglieder selbst. Da ist mangels landwirtschaftlich-technischer Gerätschaften viel Handarbeit gefragt. Angebaut wird nach Bio-Kriterien, eine Zertifizierung ist für den Weltacker nicht erforderlich.

 

Führungen und Feste für regionalen Genuss

Regelmäßig werden Feste und Veranstaltungen wie Ackerführungen oder Picknicks angeboten. Gemeinsam mit dem Regionalkollektiv Landshut wird so manches auf die Beine gestellt, etwa ein mehrgängiges Menü mit Wintergemüse: „Denn bei allem, wozu wir anregen, ist eine wichtige Botschaft: Der Genuss wird durch Veränderungen nicht geringer, im Gegenteil.“

 

Wie sieht die Ernährung der Zukunft aus? Auch dafür hat der Weltacker einen Vorschlag und zitiert die „Planetary Health Diet“, die gesund für Mensch und Erde ist. Sie sieht deutlich weniger tierische Produkte vor, mehr pflanzliches Eiweiß und Vollkorn, sehr viel mehr Obst, Gemüse und Nüsse und all dies möglichst wenig verarbeitet und lokal hergestellt. So könnten im Jahr 2050, wenn voraussichtlich fast zehn Milliarden Menschen die Erde teilen, Mensch und Ökosystem gesund und im Einklang miteinander sein.

 

Text: Monika Bormeth, 2025, im Auftrag der Genussregion

Bilder: Heinrich Inkoferer, Weltacker Landshut e.V.

UNSERE 5 GENUSSFRAGEN

GENUSS IST…

schmackhafte Gerichte aus Ackerfrüchten kreieren und gemeinsam genießen.

 

UNSER MEHRWERT IST…

Freude über das, was für uns wächst, und Wertschätzung dafür erzeugen zu können.

 

AKTUELL UNSERE GRÖSSTE HERAUSFORDERUNG: 

Alles, was wichtig ist, mit den vorhandenen personellen Ressourcen zur rechten Zeit schaffen zu können.

 

WIR WERDEN IN ZUKUNFT…

weiter mit viel Engagement die Weltacker-Botschaft verbreiten!

 

UNSER TIPP FÜR EINEN NACHHALTIGEN LEBENSMITTELKONSUM LAUTET:

Mehr Pflanzliches auf den Speiseplan und nichts wegwerfen.

KONTAKT

Weltacker Landshut e.V.

H55V+82 | 84036 Landshut

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