Wenn Pilze zur Faszination werden: Tanja Major aus Sallach bei Geiselhöring ist Pilzcoach Ausbilder, Pilz-Sachverständige – und eine Künstlerin, die die Welt der Fungi ins richtige Licht setzen möchte
STECKBRIEF
NAME: Tanja Major
WOHNORT: Sallach
GELERNTER BERUF: Köchin, Food-Fotografin, Food-Autorin, Pilzpapier-Designerin
MEINE BERUFUNG: Natur, Kunst & Kulinarik
… ÜBE ICH AUS SEIT: 1994
MEINE LEIBSPEIS AUS KINDHEITSTAGEN: Austern (die habe ich mit sechs Jahren das erste Mal in Frankreich gegessen und fand’s toll)
MEINE AKTUELLE LEIBSPEIS: keine bestimme, ich probiere vieles gerne
LIEBLINGSGETRÄNK: morgens Kaffee, nachmittags Tee, ab und zu ein Glas Wein
DAS DARF IN MEINER KÜCHE NICHT FEHLEN: gute Butter, Olivenöl, Ingwer, Kurkuma und Knoblauch
Die Natur in all ihren Facetten zu erleben, zu spüren, zu schmecken, fasziniert Tanja Major von klein auf. „Ich war als Zweijährige schon gerne in der Natur draußen und hab alles probiert – samt Regenwurm“, erzählt die gebürtige Oberbayerin schmunzelnd. In ihrer Kindheit verbrachte sie viel Zeit bei den Großeltern am Land und erinnert sich gerne an das Haus am Ortsrand zurück. „Der Nachbar meiner Großeltern war Bauer und hatte zwei Töchter. Ich habe oft mit ihnen beim Heueinfahren geholfen. Oder wir haben im Stall gespielt.“ Damals, sagt Tanja Major, sei das ein richtiges Bauernhof-Idyll gewesen. „Die Schweine liefen im Stall frei herum, die Hühner waren draußen unterwegs. Und die Kühe sind morgens einfach allein auf die Weide gelaufen und am Nachmittag wieder zurück.“
Tanja Major geht den Dingen gerne selbst auf den Grund. Vieles in ihrem Leben – vom Kochen über das Fotografieren bis hin zur Kunst hat sie sich selbst beigebracht. Die Natur ist ihr dabei die beste Lehrmeisterin – auch was die Mykologie angeht. Beobachten, erspüren, probieren lautet da Majors Motto. „Ich habe mir zum Beispiel jedes Jahr einen Pilz vorgenommen, den ich richtig identifizieren und vielleicht probieren wollte“, sagt sie. Dabei geht sie sehr behutsam vor und nimmt sich Zeit. Zeit, um sich sicher zu sein, dass dieser Pilz, den sie vor sich hat, auch wirklich der ist, für den sie ihn hält. „Pilze können so variabel sein. Dieselbe Pilzart kann völlig unterschiedlich von den Farben und von der Form her aussehen. Dafür muss man sich Zeit nehmen.“
Von der Sterne-Küche zur ausgezeichneten Kochbuchautorin
Das Kochen gelernt hat Tanja Major in der Sterne-Gastronomie. Doch ihre Leidenschaft für gutes Essen geht bald über das Kochen hinaus. Sie bringt sich selbst das Fotografieren bei, macht sich 1997 als Food-Fotografin, Künstlerin und Kochbuchautorin selbstständig. 2013 veröffentlicht sie das Kochbuch „Natur Gourmet“ beim BLV Verlag. Zu ihrem Portfolio zählen mittlerweile zudem einige preisgekrönte Bildbände wie etwa “Schätze aus Wald und Wiese” (GAD-Silbermedaille & Deutscher Kochbuchpreis Silber), “Dream Cakes” (GAD-Silbermedaille) oder “Affinieren – die Kunst der Käse Veredelung” (GAD-Goldmedaille).
2016 entfacht ein Besuch im botanischen Garten in München Tanja Majors Leidenschaft für Pilze neu. Bei einer Pilzführung lernt sie Peter Karasch kennen, einem renommierten Pilzforscher aus dem Bayerischen Wald. „Dabei ist mir bewusst geworden, wie schön und interessant die Pilzwelt sein kann. Und das es noch viel mehr in dieser Welt zu entdecken gibt“, schwärmt sie nach dem Treffen auch auf ihrer Webseite. Begeistert von der Vielfalt der Mykologie entschließt sie sich, stärker in die Welt der Pilze einzutauchen und absolviert in der Folge mehrere Kurse zu Pilzen. Daneben absolviert sie unter anderem eine Ausbildung zum Pilz Coach bei Peter Karasch, sowie zur Pilzsachverständigen und ist Mitglied und ehrenamtlich im Fachausschuss Öffentlichkeitsarbeit (Instagram Koordinatorin) in der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM) tätig. Seitdem lässt sie das Thema nicht mehr los – kulinarisch wie künstlerisch.
Mykologie in jeder Faser erforschen
Als gelernte Köchin und Food-Fotografin weiß sie, wie sie bei der Zubereitung den Geschmack verschiedener Pilzarten herauskitzeln kann – und wie sie fotografisch in Szene gerückt werden können. Das allein reicht Tanja Major nicht aus. Sie will die Mykologie bis in jede Faser erforschen. „Mich interessiert nicht nur, dass man Pilze essen kann. Mich faszinieren auch ihre Farben, ihre Gerüche und unterschiedliche Formen und was ich mit welcher Pilzart am besten machen kann.“
Denn wer bei Pilzen nur ans Kulinarische denkt, dem entgeht die große Bandbreite an Möglichkeiten, die sie bieten. So eignen sich einige Pilze auch zum Färben von Stoffen oder gar zur Herstellung von Papier. Für die Künstlerin ist gerade diese Vielfalt, wie sie in der Natur vorkommt, eine ständige Inspirationsquelle. „Die Kunst bei mir ist immer mit Natur verbunden. Ich produziere einfach gern. Dafür geh ich in den Wald und schau, was wächst da und was kann ich damit machen?“
Tanja Major ist nicht nur als Kochbuchautorin und Food-Fotografin erfolgreich, sondern leistet auch als Papierkünstlerin Pionierarbeit. Hier erforscht sie unter anderem die innovative Transformation von Pilzen zu Papierfasern. Ihre Werke werden sowohl regional beispielsweise vom 8. November bis 14. Dezember 2025 im Weytterturm in Straubing (Fotoausstellung) wie überregional auf der ganzen Welt ausgestellt (zum Beispiel ab 1. November 2025 in Shanghai).
Bedrohte Pilzarten schützen
Die Arbeit mit Pilzen bezeichnet Tanja Major auch als „symbiotische Kooperation zwischen Mensch und Natur“, die den Menschen neue Wege weisen können. Das ist nur ein Grund, warum es ihr wichtig ist, die Vielfalt der Pilze zu schützen. Und das ist auch nötig, denn viele der Arten sind vom Aussterben bedroht.
„Im Bayerischen Wald, in einem meiner Lieblingswäldchen, soll jetzt die Stromtrasse durchkommen. Aber genau da wächst Isla Moos – und das findet man hier sonst überhaupt nicht mehr“, nennt sie ein Beispiel. Daher engagiert sie sich im Verein DGfM, der den neuen Schwerpunkt Umwelt- und Naturschutz hat.
Pilze nicht nur im Herbst sammeln
Wer ans Pilze sammeln denkt, der denkt oft gleichzeitig an den Herbst. Dabei gibt es das ganze Jahr über verschiedene Arten zu entdecken. „Im Winter findet man zum Beispiel den Scharlachroten Becherling. Den kann man theoretisch sogar essen, allerdings ist er geschützt.“ Daneben wachsen gerade im Winter viele Heilpilze, aus denen sich Tee kochen lässt. Auch als Pflaster können sie sich eignen. „Der Birkenporling als Scheibe auf die Wunde – das wird auch ‚Ötzis Trick‘ genannt.“
Doch wo findet man eigentlich am besten Pilze und was gibt es beim Sammeln zu beachten? „Du siehst es eigentlich schon, wenn du in den Wald kommst: Wenn er sehr aufgeräumt und von Monokultur geprägt, dann ist da meist wenig Moos und weniger Pilzvielfalt. Bei Mischwäldern, wo mal ein umgefallener Baum herumliegt, da ist gleich die Vielfalt viel höher“, sagt Tanja Major.
Besonders viele Pilze fände man übrigens nicht direkt nach einem Regenschauer, sondern etwa ein bis zwei Wochen später. „Dann sprießen sie, besonders, wenn es vorher sehr trocken war.“ Beim Sammeln gilt: Nur so viel mitnehmen, wie man unbedingt braucht, da hat jedes Bundesland eigene Regeln die zu beachten sind. Tanja Major geht aber auch oft einfach nur so in den Wald – egal ob direkt vor der Haustür oder bei einer Pause unterwegs auf langer Fahrt. „Oft beobachte ich nur und schaue, was wächst.“
Vorsicht giftig?
Wer selbst unter die Pilzsammler gehen möchte, dem rät Tanja Major, zunächst an einer Pilzexkursion mit einem Sachverständigen teilzunehmen, bevor man das erste Mal alleine im Wald loszieht. „Oft wird leider immer noch der grüne Knollenblätterpilz gesammelt. Der riecht süßlich nach Honig und viele denken, dass wenn etwas süß riecht, ist das essbar, aber dem ist nicht so“, warnt sie. Wer nach dem Sammeln von Pilzen auf Nummer sicher gehen möchte, der kann auch bei Pilz-Stammtischen in der Region vorbeischauen und den Korbinhalt überprüfen lassen.
Daneben spielen bei der Lebensmittelsicherheit auch die Zubereitung und Lagerung eine große Rolle. „Oft sammeln Menschen alte Pilze und wissen nicht, dass sie sich damit einen Giftkorb zusammenstellen, denn auf alten Pilzen können auch Schimmelpilze wachsen.“ Daher empfiehlt Tanja Major, die Pilze genau anzusehen. Nur was zu 100 Prozent bestimmt ist, sollte in den Korb. Vor allem sollten Pilze ausreichend gegart werden, da viele Pilze roh Magen-Darm-giftig sind.
Quelle: Susanne Pritscher, Mitarbeiterin für Öffentlichkeitsarbeit für die Genussregion Niederbayern
Fotos: Sepp Eder
ICH VERBINDE GENUSS MIT…
dem Leben, mit Vielfalt. Wenn jemand etwas für mich kocht oder ich mit jemandem koche und wir das Essen teilen. Wenn man etwas Seltenes isst, ist das Genuss. Oder wenn man Brot selbst macht.
MEINE BERUFUNG ÜBE ICH AUS WEIL…
es einfach in mir steckt und aus mir heraussprudelt.
DIE GRÖSSTEN HERAUSFORDERUNGEN SEHE ICH AKTUELL IN…
Der Naturschutz ist wichtiger denn je. Genauso sollten wir überlegen, wo wir wie und was einkaufen, denn es gibt so viele Möglichkeiten. Und wir brauchen ein Umdenken, müssen weg von der Wegwerfgesellschaft.
WENN ICH IN DIE ZUKUNFT BLICKE, DANN…
hoffe ich, dass wir die Natur wieder mehr schätzen und schützen, wieder mehr Rücksicht nehmen und achtsam sein, das Leben achten, aber auch auf sich selbst und die Familie.
MEIN PERSÖNLICHER TIPP FÜR EINEN NACHHALTIGEN LEBENSMITTELKONSUM LAUTET:
Nur das mitnehmen, das man wirklich braucht. Das gilt auch beim Pilze sammeln: Maßvoll ernten. Und wieder mehr selbst kochen anstatt auf Fertiggerichte zurückzugreifen. Es muss kein kompliziertes Gericht sein, es kann auch etwas ganz Einfaches sein.
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