Diese Spezialität darf bei der Kirta nicht fehlen.
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Über den Ursprung der Spitzl als Traditionsgebäck
Einem rautenförmigen Süßgebäck, das es heutzutage in mannigfacher Variation gibt, liegt eine lange Tradition zugrunde: Spitzl nennt man das Gebäck, abgeleitet von seiner spitzen Form. Vor allem rund um Kelheim sind die Spitzl bekannt und beliebt und stehen sogar einmal im Jahr im Rahmen eines Marktes im Mittelpunkt. Der findet am 31. Oktober statt – dem Tag vor Allerheiligen und Allerseelen.
Backbräuche rund um katholische Feste gibt es in Bayern zuhauf. Je nach Region gehen sie mit anderen Gepflogenheiten einher. Dem Brauch der Seelen- oder Totengebäcke liegt ein gemeinsamer Volksglaube früherer Generationen zugrunde: die Annahme, dass die Toten am Allerseelentag oder in der Woche darauf an Orte kehren, wo sie früher gelebt haben. Um die armen Seelen zu stärken, legten ihnen die Bauern manche Gabe auf das Fensterbankerl. In Kelheim und Umgebung war das ein Spitzl. Nutznießer waren freilich nicht die armen Seelen, dafür vorbeiziehende Bettler. Auch dem konnten die Menschen anno dazumal Gutes abgewinnen: Ging man doch davon aus, durch jede kulinarische Spende an einen Armen eine Seele aus dem Fegefeuer zu erlösen.
Seelengebäcke findet man neben den Spitzln in Niederbayern noch so allerhand: So gibt es mancherorts Seelenzöpfe, aber auch Schmalzgebäcke. Im Rottal beispielsweise waren Arme-Seelen-Taferl beliebt, mit Marmelade gefüllte Oblaten, umgeben von einem Schmalzteigrand. Deren Name rührt vom genannten Volksglauben her. Die Bezeichnung „Spitzl“ findet sich geschichtlich auch außerhalb Kelheims. So ist bei SZ-Autor und Heimatkenner Hans Kratzer nachzulesen, dass man im Bayerischen Wald das Betteln um das Allerseelengebäck „Spitzlgeh“ nannte.
So wie sich das Schenken rund um diese vor allem für Katholiken wichtigen Tage grundlegend gewandelt hat, veränderte sich auch das Backwerk. Die Kelheimer Spitzl sind ein gutes Beispiel dafür: Waren es einst einfache Lebkuchen oder Zöpfe, so kreiert jede Bäckerei zum Spitzlmarkt heutzutage teils aufwendige Spezialitäten. Da gibt es reichverzierte Cremespitzl, schokoladige Sacherspitzl, Varianten mit Marmelade, Marzipan, Punsch und vieles mehr. Daneben natürlich auch die klassischen Lebkuchen in Rautenform. Fragt man nach dem Ursprung, erinnern die meisten Menschen die Gepflogenheit, dass Patentante oder Patenonkel ihrem Patenkind zum Allerseelentag ein solches Gebäck schenkten. Was dem Kelheimer sein Spitzl, ist in anderen Regionen auch als „Seelenwecken“ bekannt. Die Tradition des Schenkens an die Patenkinder hat sich mit zunehmendem Wohlstand aus dem einstigen Brauch, für die Toten ein Gebäck bereitzulegen, entwickelt.
Quelle: Monika Bormeth, freie Journalistin aus Landau, im Auftrag der Genussregion Niederbayern
Fotos: Sepp Eder