Spitzenkoch Michael Reis

Mit der kulinarischen DNA Niederbayerns nach den Sternen greifen

Michael Reis, Koch, Restaurant Johanns, Waldkirchen

Wie schmeckt Niederbayern? Diese Frage hat sich Michael Reis schon vor langem gestellt. Seine Antwort: „Niederbayern ist mehr als Schweinsbraten. Es ist getreidig und erdig mit süßen Aromen. Es sind eingeweckte Früchte, Wildfleisch und Innereien. Es sind gerösteter Zwiebel, Kümmel und Liebstöckel, die uns an Oma´s Küche erinnern. Und natürlich Mehlspeisen. Ähnlich wie in Österreich und doch einen Tick anders.“ Die „kulinarische DNA Niederbayerns“ liegt allem zugrunde, was in seiner Küche im Johanns – im Obergeschoss des eleganten Waldkirchner Modehauses Garhammer – gezaubert wird. Und das ist auch der Grund, warum es dem jungen Chefkoch (Jahrgang 1983) gelingt, den Spagat zwischen der schnellen Mittagsküche mit beliebten Klassikern und erschwinglichen Preisen und dem exquisiten 6-Gang-Abendmenü mit Weinbegleitung zu schaffen. Die „Fallhöhe“ sei am höchsten, wenn Hausfrauen aus der Region seine Kürbissuppe probieren. „Jeder kann Kürbissuppe und doch sollen sie rätseln, warum meine anders ist.“
Er selbst kennt die Region von klein auf, war im Fußballverein und bei den Ministranten. Dann zog es ihn in ferne Küchen: nach Österreich, Mallorca, auf das spanische Festland, zuletzt nach Wien. Und immer konnte er von den Besten lernen. In die Heimat zurück lockte ihn das Angebot der Familie Huber, die im Rahmen eines Umbaus des Modehauses ein gehobenes Restaurant einrichten wollten. Der damals 27-Jährige bekam freie Hand bei Gestaltung und Einrichtung. „Den Mut der Familie Huber bewundere ich noch heute. Ich war damals ja noch a Bua“, blickt er zurück.

So spannend die persönliche Reise von Michael Reis ist, so spannend ist auch eine Reise durch seine Küche. Er will Tradition und Moderne verbinden – ein Slogan, den sich viele geben, bei ihm aber nimmt er tatsächlich schmackhafte Gestalt an. „Unsere Mütter und Großmütter haben so viele interessante Techniken beherrscht, da kann man sich vieles abschauen. Einwecken und fermentieren ist unglaublich spannend“, fängt er zu Schwärmen an. Sein Rote-Beete-Joghurt, den er als Saft mit Milchpulver und Joghurtkultur angesetzt hat und über Monate damit experimentiert hat, ist eines von vielen Ergebnissen dieser Art. „So wird Küche hochkreativ.“
Er legt großen Wert auf hochwertige regionale Erzeugnisse, ist aber kein Dogmatiker. „Ich verwende auch Avocado. Sie bringt eine wichtige cremig-schmelzige Textur mit, die wunderbar zu süß-herben Essig-Heidelbeeren passt.“ Beim Fisch verzichtet er auf alle Salzwasserarten, es müsse nicht unbedingt Jakobsmuschel sein – Stör, Hecht, Waller, Saibling und Forelle reichten völlig aus. Und Fleisch ist eine wertige Zutat, die wohldosiert auf den Teller kommt.

So gelingt ihm das scheinbar Unmögliche: Er begeistert das kulinarisch verwöhnte Münchner Ehepaar genauso wie die Gäste aus dem Nachbardorf. Und das Konzept, das im weiten Umkreis so einzigartig wie einmalig ist, geht auf: Ein Jahr nach der Eröffnung bekommt das Johanns einen Michelinstern. „Es war wie eine Bombe, das hätte keiner gedacht. Es war nicht unser Plan, es ist einfach passiert.“

Mittlerweile hat er es geschafft, sich ein Netzwerk an Kleinstproduzenten aus der Region aufbauen, die das Restaurant regelmäßig beliefern. „Das geht nicht von heute auf morgen. Solche Leute müssen gefunden werden, sie drängen sich nicht auf.“ Hat Michael Reis Gefallen an einem Produkt gefunden, wird nicht lange verhandelt. Das Wollschwein, die Ziege oder die selbstgepflückten Heidelbeeren haben ihren Preis und der wird bezahlt.

„Dass ich das, was ich auswärts gelernt habe, nun in meiner Heimat umsetzen darf, ist ein Privileg für mich“, sagt Reis, der sich mehr „Rückkehrer“ für die Szene wünscht. Die Trends hin zu mehr Qualität, Regionalität und Saisonalität in der Küche mache ihm Mut – auch für den Bayerischen Wald. Und doch braucht es dazu junge Köche, die ihren eigenen Stil finden und sich emanzipieren, um Neues voranzubringen. „So entsteht Einzigartiges, das nicht kopiert werden kann.“
In der Küche brauche es dazu guten Nachwuchs – und den bildet Michael Reis selber aus. „Nur zu jammern, dass man niemanden findet, bringt ja nichts. Man muss selbst aktiv werden.“ Vier Lehrlinge in der Küche, zwei im Service: Das Johanns ist jung aufgestellt. Das liegt aber auch an der Wertschätzung, mit denen er dem Team begegnet. „Und ich lege Wert auf das Tragen von Kochmützen“, sagt Reis. Diese wurden um 1900 von einem Franzosen (Auguste Escoffier) entwickelt, um für Köche eine Art Berufsstolz zu entwickeln. „Das klappt noch heute, die jungen Menschen bewegen sich ganz anders, wenn sie die Kochmütze tragen.“ Dass sie stolz sind, wundert nicht, schließlich dürfen sie von einem der besten Köche Niederbayerns lernen. Und sie haben alle dieselbe Mission: Eine ganz eigene kulinarische Handschrift für Niederbayern entwickeln.

KONTAKT

RESTAURANT JOHANNS
Marktplatz 24 | 94065 Waldkirchen


Tel. 08581 2082000
www.restaurant-johanns.de

Gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus mit Unterstützung durch das Amt für Ländliche Entwicklung und den Bezirk Niederbayern.

© GENUSSREGION NIEDERBAYERN 2024  I  All Rights Reserved.